Konzert- und Studienreise
Manchmal kann eine Reise von Nordenham in das ca. 380 km entfernte Berlin zum Abenteuer werden, nämlich dann, wenn ein Orkan mit Spitzengeschwindigkeiten von
191 km/h über die norddeutsche Tiefebene fegt und Straßen und Bahnstrecken unterbricht.
Der Bahnverkehr im Nordwesten war völlig lahmgelegt, ebenso der Fernverkehr (ICE/ IC) vom Ruhrgebiet nach Hamburg.
Ich konnte jedenfalls keinen der vorgesehenen Züge benutzen und war selbst erstaunt, am Abend Berlin noch erreicht zu haben, allerdings mit Glück und Instinkt.
„Berlin macht schon etwas her“:
Vor allem seitdem „Muttis“ Handy abgehört wird oder wurde, ist die deutsche Hauptstadt weltweit im Gespräch!
Auf der Dachterrasse der Botschaft unserer amerikanischen „Freunde“ befindet sich die Ausspähvorrichtung der „besten Freunde“ laut Spiegel : „Das Nest“!
Wie schön ist es doch, dassman von hier aus alles „fest im Griff “ hat , Bundeskanzleramt (Angie), Reichstag und quasi das ganze Machtzentrum.
Der US -NSA -Chef sieht das Aushorchen von Bürgern und Politikern als notwendig an und findet es völlig in Ordnung!!!
Das ist das Demokratieverständnis der US-Amerikaner, vom Schutz der Grundrechte der Bürger gibt es nicht die Spur!
Der Abgeordnete Christian Ströbele ist einer der wenigen unserer Volksvertreter mit Zivilcourage. Sein Besuch bei E. Snowden in Moskau zeugt davon.
Ich teile allerdings die Meinung vieler Bundesbürger, dass Herr Snowden auf keinen Fall nach Deutschland kommen sollte, weil er hier vor den US-Häschern nicht sicher ist.
Schloss Bellevue
Amtssitz des Bundespräsidenten
Auf der Fahrt mit der Buslinie 100 sagt ein kleiner Junge zu seinem Opa:
„Kuck mal Opa, da wohnt unser König, der passt auf uns alle auf“!
Konzert im Konzerthaus am Gendarmenmarkt mit Daniel Barenboim als Dirigent der Staatskapelle Berlin (Orchester der Staatsoper unter den Linden) gestern waren es 90 Musiker und Yefim Bronfman, Klavier.
Auf dem Programm eines der mächtigsten Klavierkonzerte: Peter l. Tschaikowsky, Klavierkonzert Nr.1 b-moll op.23.
Beide, sowohl Bronfman als auch Barenboim sind natürlich Künstler von Weltruf und höchster künstlerischer Qualität!
Das Konzerthaus ist ebenfalls ein Ort größter künstlerischer Entfaltung.
Daniel Barenboim, geb. 1942 in Buenos Aires gab als Klaviervirtuose bereits im zarten Alter von zehn Jahren sein internationales Solistendebüt.
Heute ist er Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper und der Mailänder Scala. Er tritt natürlich auch noch als Pianist auf!
Sein größtes Verdienst für die Völkerverständigung ist die Gründung des West-Eastern Divian Orchestra, dem Musiker aus Israel, Palästina und den arabischen Ländern angehören.
Von historischer Bedeutung war 2005 ein Konzert in der palästinensischen Stadt Ramallah.
Daniel Barenboim
Eine tolle Geste:
Nach dem begeisterten Applaus für
Y. Bronfmann, gab es eine Zugabe von ihm.
Dazu nahm sich D. Barenboim am Rande des Podiums einen Stuhl und hörte seinem Künstlerkollegen zu. Das fand ich toll.
Sony – Center am Abend
Berlin ist „geil“, behauptet Berlins Bürgermeister Bowereit! Offenbar trifft er da die Meinung vieler junger Menschen weltweit, denn Berlin entwickelt sich für viele zur „Kultstadt“.
Von der Frontstadt im „kalten Krieg“mit Mauer ist Berlin heute wieder zu einer Weltstadt geworden. Das Schöne an dieser Stadt, worum sie viele andere Städte beneiden können, ist, sie ist nicht nur eine Stadt der Sehenswürdigkeiten, Hauptstadt und Stadt des kulturellen Erbes mit Museumsinsel und unendlich vielen anderen Museen, sondern auch eine Stadt der Nieschen und einer unglaublicher Vielfalt.
In einem orginalen Kaffee im kreuzberger Kiez glaubt man nicht in einer Millionenmetropole zu sein.
Trotzdem ist es hier nicht spießig und kleinkariert wie im heimischen Nordenham, sondern es herrscht eine offene und freundliche Atmosphäre.
Hier treffen sich Studenten in Arbeitsgruppen, Frauen mit kleinen Kindern und ein intellektuelleres Publikum.
Auch das Angebot ist ein völlig anderes als bei Cafe Lohmann in Nordenham.
Hier ein Blick vom Kaufhaus Karstadt auf einen Wochenmarkt in Kreuzberg.
Man muss auch nicht immer unter Volldampf von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten rasen. Im Gegenteil: einfach ‚mal treibenlassen. Den Zufallsgenerator einschalten, das ist häufig viel spannender!
Offenbar können viele Menschen mit dem Begriff „Freiheit“ wenig anfangen und stülpen sich selbst täglich ein von ihnen selbst gefertigtes viel zu enges Korsett über, beklagen sich aber über zunehmende Einengung.
Nach über 50Jahren Berufstätigkeit und anderen Zwängen jeglicher Art kann ein selbstbestimmtes Leben aber für mich Lebensqualität bedeuten!
Loriot Sketsch: mach doch ‚mal dies, mach doch mal jenes.- Ich sitze! – Du weißt auch gar nicht was du willst!
Der Weg zum Leben im Altenpflegeheim
mit püriertem Essen und Schnabeltasse ist nicht mehr allzu weit!
Daher: Stadtluft macht frei!
Don Giovanni in der Staatsoper:
Oper vom aller Feinsten!
Daniel Barenboim dirigiert, die Besetzung ist weltklasse, u. a. mit
Rolando Villazon.
Musikalisch grandios.
Es ist eine moderne in sich schlüssige Inszenierung von den Salzburger Festspielen, optimal gelungen.
Schon für diese großartige Aufführung hat sich die Reise nach Berlin gelohnt!
Barenboim präsentiert sich als genialer äußerst kollegialer Musiker, frei von Starallüren.
Berlin ist eben auch Weltstadt der Musik mit drei !!! Opernhäusern, mindestens 5 !!! großen Orchester und zwei Konzertsälen.
Vier Plätze neben mir links saß übrigens der weltberühmte Sänger Placido Domingo auch im ersten Rang.
Er singt hier demnächst im Troubadour.
Mit einigen Damen des äußerst fachkundigen Publikums war es eine Freude, sich über die Inszenierung zu unterhalten.
Großer Jubel und standing ovation des Publikums für einen in jeder Hinsicht
großartigen Opernabend.
Barenboims Kollegialität gebot es,
alle Orchestermusiker am Schluss auf die Bühne zu bitten, damit auch ihren wohlverdienten Beifall bekamen.
Da sich die Staatsoper Unter den Linden in einer mehrjährigen Umbau und Rekonstruktionsphase befindet, finden die Aufführungen derzeit im viel kleineren Schillertheater mit ca. 1000 Plätzen statt. Dieses Haus ähnelt sehr stark dem Stadttheater Bremerhaven und hat eine vorzügliche Akustik.
Die Staatsoper Unter den Linden hat 1.400 Plätze.
Zur Szenierung:
Don Giovanni ist hier nicht der Wüstling.
Die Frauen lieben ihn und bewegen sich in der Ambivalenz zwischen Liebe und Hass.
Besonders Donna Elvira lässt sich immer wieder gerne „verführen“, verflucht ihn aber, wenn er sich anderen Frauen nähert. Mozart „schenkt“ ihr auch die meisten Arien.
Das Bühnenbild ist ein drehbares Waldstück. (siehe Bild)
Der Stoff ist hochaktuell, die psychischen Verwicklungen der Personen entsprechen der Heutzeit!
Mozart sensationell zeitnah!
Das Bühnenbild ist nie langweilig: kluge Beleuchtung, von hinten herannahender Nebel, die Liebespärchen mit Autopanne mitten im Wald, R. Villazon versucht zu reparieren, es gibt einen heftigen Kurzschluss, später plötzlich ein überall herumschnüffelnder Schäferhund,
Donna Elvira wird in der Bushaltestelle von D. G. verführt/ spannend!
H.T.
Ein spannendes Stadtviertel:
Prenzlauer Berg.
Das Pendant zum Arbeiterviertel Kreuberg entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es im Ostteil der Stadt den Bezirk Prenzlauer Berg.
Zu DDR – Zeiten ein absolutes Sanierungsgebiet mit abbruchreifem Hausbestand, ist dieser Stadtteil heute ein äußerst begehrter lebendiger Stadtteil mit einer jungen dynamischen Einwohnerschaft. Der dort lebende Neffe identifiziert zu Recht mit dieser lebendigen Szene.
Einer der Hinterhöfe aus der Gründerzeit.
Die Zionskirche war der Ausgangspunkt der Protestbewegung in der DDR im Jahre 1987. Hier wurde die Umweltbibliothek im Schutzraum der Kirche gegründet. Es kam zu Verhaftungen durch die Stasi, die im Westen publik wurden und unter dem Druck von Kreditzahlungen der Bundesrepublik an die DDR rückgängig gemacht werden mussten.
Den damals für Umwelt und Freiheit unter Gefahr von Leib und Leben streitenden gebührt mein größter Respekt. In der hervorragenden Fernsehserie Weissensee wurde dieser bedeutende geschichtliche Vorgang in die Handlung einbezogen. (Das Erste: Mediathek).
Durch die extrem niedrigen Zinsen werden Wohnungen und Siedlungen zu begehrten Zielen von Anlegern und Spekulanten.
Nach vollzogener Luxussanierung sind dann die Wohnungen für Gering- und Normalverdiener nicht mehr bezahlbar.
Ganze Wohnviertel und Stadtteile werden zu „Schickimicki- Vierteln, aus denen die oft Jahrzehnte dort wohnende Anwohnerschaft verdrängt wird.Auch junge Leute finden keine bezahlbaren Wohnungen.
Hier entwickelt sich unter den Augen hilfloser, manchmal auch an Spekulationen beteiligter Politiker, ein ungeheures Konfliktpotential.
Beispiele sind eben Kreuzberg und Prenzlauer Berg.
Ebenso wie ein Recht auf saubere Luft und Wasser, muss eben jeder Mensch auch ein Recht auf Wohnen haben!
Hier müssen kapitalistische Machenschaften zwingend ihre Grenzen haben!
Wenn dies nicht gelingt oder nicht gewollt wird, wird es, da viele Menschen mit dem Rücken zur Wand stehen, grundlegende harte gesellschaftliche Konflikte geben.
Vor meiner jetzigen Wohnung „Krumme Straße“ wurde 1967 beim Besuch des
Schah von Persien in der Deutschen Oper (ca. 200 m entfernt) der Student Benno Ohnesorg von der Polizei erschossen.
Dieser Vorgang war Auslöser der „studenten Revolte“ der späten sechziger Jahre .(68 er)
Die Marienkirche
Joseph Haydn: Die Schöpfung
Berliner Kantorei
in der Marienkirche in Berlin nahe
Alexanderplatz.
Haydns erstes Oratorium wurde am 30. April 1798 in Wien uraufgeführt und wurde sofort ein Riesenerfolg!
Das Werk beginnt mit der Vorstellung des Chaos:“…und die Erde war ohne Form und leer, und Finsternis war auf der Fläche der Tiefe (…) und Gott sprach: Es werde Licht ! Und es ward Licht“!
Hier lässt Haydn nach den dunklen Molltönen einen, man muss sagen den! strahlendsten C-Dur- Akkord der Musikgeschichte erklingen.
Anwesende der Uraufführung, auch Haydn selbst sollen Tränen in den Augen gehabt haben!
Die Komposition des späten Haydn verwendet alle Formen der damaligen Zeit: Rezitative – Arien, Chöre und Fugen!
Das klassische Sinfonieorchester bietet eine reichhaltigde Vielfalt an Klangfarben, weil neben den Streichern alle Holz- und Blechblasinstrumente eingesetzt werden.
Haydn bedient sich in diesem Werk bei den gesungenen Texten der Tonmalerei als Vorläufer der späteren Programmmusik der Romantik, z. B. der Moldau.
Er war angestellter Musiker des Fürsten Esterhazy, auf dessen Schloss er lange Zeit mit seinen Musikern verweilte. Nach Wien zog es ihn wegen eines „Hausdrachens“ nicht so sehr!
…und die Geschichte ist noch nicht zu Ende! Da Haydns Musiker das Heimweh nach ihren Familien in Wien plagte, wählte Haydn eine ihm spezifische Art dies dem Fürsten Esterhazy zu sagen.
Er schrieb seine berühmte Abschiedssinfonie in der ungewöhnlichen Tonart fis-moll.
Im vierten Satz beendet ein Musiker nach dem anderen sein Spiel und verlässt das Podium. Zum Schluss bleibt nur noch ein Musiker übrig. Der Fürst verstand, und die Musiker durften zurück nach Wien.
Das heutige Konzert war von begeisternder Qualität: Barockorchester mit gläsernd-strahlend klingenden Streichern ohne Vibrato und barocken
Blasinstrumenten, hervorragenden Solisten und einem sehr gut geschulten riesigen Chor mit unglaublicher Dynamik.
Alles in Allem: ein musikalisches Fest mit jubelndem Applaus!